Schlichten statt Richten – das Schiedsgericht der IHK Niederbayern
Streitigkeiten aus Geschäften in Deutschland können vor jedes deutsche Gericht gebracht werden. Doch weder der eventuell vom Gegner gewählte Gerichtsort noch Dauer und Kosten des Instanzenweges sind immer absehbar.
Zu den Unwägbarkeiten zählt, dass den Richtern ungeachtet ihres juristischen Sachverstandes oftmals die technische Expertise fehlt. Da staatliche Gerichtsverfahren öffentlich sind, gehen im schlimmsten Fall vor Gericht offengelegte Betriebsgeheimnisse an die Konkurrenz, während angebliche Produkt- und Sicherheitsmängel ihren Weg in die Presse finden.
In vielen Fällen empfiehlt sich deshalb die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens als Alternative zum ordentlichen Rechtsweg. Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf einem staatlichen Gerichtsverfahren. Die Parteien tauschen Schriftsätze, und es findet in der Regel auch eine mündliche Verhandlung mit der Möglichkeit einer Beweisaufnahme statt. Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen entfaltet wie ein Urteil und kann daher genauso so vollstreckt werden.
In der Verfahrensgestaltung sind die Schiedsrichter flexibler und freier als die Richter eines staatlichen Gerichts. Die Parteien selbst haben auch einen stärkeren Einfluss auf das Verfahren. Sie werden an der Auswahl der Schiedsrichter beteiligt und können den Verhandlungsort und die Verfahrenssprache einvernehmlich regeln. Nach der Schiedsgerichtsordnung der IHK Niederbayern kann beispielsweise von jeder Partei ein Beisitzer benannt werden.
Für die Beteiligten eines Schiedsverfahrens gelten bei Vereinbarung deutschen Rechts die §§ 1025 – 1066 der Zivilprozessordnung. Viele dieser Regelungen können aber einvernehmlich abgewählt, abgeändert oder ergänzt werden. Dies kann entweder durch die Vereinbarung einer Schiedsordnung einer bestimmten Institution geschehen, vor deren Schiedsgericht der Fall verhandelt wird, oder durch Vereinbarung der Parteien. Die IHK Niederbayern verfügt seit jeher über eine eigene Schiedsgerichtsordnung.
Schiedsgerichte arbeiten nach einem von den Parteien gebilligten Zeitplan. Sie entscheiden abschließend ohne Berufungs- oder Revisionsmöglichkeit. Nur bei schweren Formfehlern oder bei einem Verstoß gegen fundamentale Rechtssätze ("ordre public") können Schiedssprüche ausnahmsweise von staatlichen Gerichten aufgehoben werden.
Auch wenn Schiedsverfahren oft flexibler und schneller sind als Gerichtsverfahren, brauchen komplexe Fälle Zeit. Schließlich haben die Parteien stets Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen.
Meist wird strikte Vertraulichkeit vereinbart, sofern sie nicht schon in den Schiedsordnungen festgeschrieben ist. Anders als beim öffentlichen Gerichtsverfahren können vertrauliche oder rufschädigende Details, Geschäftsgeheimnisse sowie der Schiedsspruch selbst nicht nach außen dringen.
Dies sehen viele Unternehmen als wichtigsten Vorteil der aus kaufmännischer Tradition stammenden Schiedsgerichtsbarkeit. Die Vertraulichkeit erleichtert auch die Fortführung bestehender Geschäftsbeziehungen, zumal Schiedsverfahren ohnehin oft mit einer einvernehmlichen Einigung enden. Dass es hier dann keinen „Sieger“ oder „Verlierer“ gibt, erweist sich in dieser Beziehung oftmals als vorteilhaft.
Viele Schiedsinstitutionen haben Gebührenrechner für Verfahrens- und Schiedsrichterkosten auf ihren Internetseiten. Die Kosten sind unterschiedlich geregelt; grundsätzlich sind die deutschen Schiedsinstitutionen jedoch günstiger als andere internationale Schiedsgerichte. Die Verfahrenskosten nach der Schiedsgerichtsordnung der IHK Niederbayern orientieren sich an den Berechnungsgrundsätzen der Zivilprozessordnung und des Gerichtskostengesetzes. Sie bewegen sich im Allgemeinen zwischen der Mindestgebühr von 400 Euro und der der Höchstgebühr von 5000 Euro. Hinzu kommt noch eine Auslagenpauschale.
Darüber hinaus müssen natürlich die Anwaltskosten berücksichtigt werden. Sie machen meist den überwiegenden Teil der Verfahrenskosten aus – es sei denn, es müssen aufwendige Gutachten erstellt werden.
Die Wahl von Schiedsinstitution, Schiedsrichtern und Schiedsort ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit und verdient deshalb größte Sorgfalt. Reputation der Institution, fachliche Spezialisierung und Kosten sind wichtige Kriterien.
Aus Kostengründen empfiehlt sich oft ein Einzelschiedsrichter – es sei denn, Streitwert oder Komplexität des Verfahrens sind besonders hoch. Dann sollte ein mehr-, in der Regel dreiköpfiges Schiedsrichtergremium gewählt werden.
Die IHK Niederbayern aber auch die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) bieten zahlreiche Beratungsmöglichkeiten und Hilfestellungen zum Thema Schiedsverfahren an. Auf Wunsch helfen sie den Parteien bei der Auswahl qualifizierter Schiedsrichter oder sie informieren zu den verschiedenen Schiedsinstitution. Da die IHK Niederbayern über eine eigene Schiedsgerichtsordnung verfügt, führt sie auch selbst Schiedsverfahren durch.
Ein Schiedsgericht kann nur dann rechtswirksam tätig werden, wenn seine Zuständigkeit von den Parteien vereinbart wurde. Dies sollte schon bei Vertragsschluss geschehen, da im Streitfall die Einigung auf eine Schiedsinstitution oder auf ein "ad hoc"-Verfahren schwierig ist.
Die Parteien nehmen dazu entsprechende Schiedsklauseln in ihre Verträge auf. Solche Klauseln sind jedoch mit Mängeln behaftet – etwa, weil aus ihnen nicht hinreichend klar wird, welches Schiedsgericht zuständig sein soll.
Daher ist es dringend zu empfehlen, die Musterklauseln einer anerkannten Schiedsinstitution oder die der IHK Niederbayern zu verwenden zu verwenden.
Die Schiedsgerichtsordnung der IHK Niederbayern und eine Musterformulierung für eine Schiedsklausel können angefordert werden bei Benedikt Grabl, benedikt.grabl@passau.ihk.de oder per Telefon 0851 507-341