Steuerschulden
Vor allem kleinere Gewerbetreibende und Unternehmen haben oftmals Probleme im Umgang mit dem Finanzamt, die sie in existenzbedrohende Schwierigkeiten bringen. Die Schwierigkeiten sind nicht nur in finanzieller Hinsicht zu sehen. Es besteht auch die Gefahr, dass dem Unternehmer, aufgrund des Vorwurfs der Unzuverlässigkeit wegen fortdauernden Steuerschulden, das Gewerbe entzogen wird.
Schutz des Steuerschuldners (Vollstreckungsschutz)
Wenn das Unternehmen seiner Zahlungspflicht für die Steuern nicht rechtzeitig nachgekommen ist, sieht das Gesetz vor, dass die rückständigen Steuern vom Finanzamt im sogenannten Vollstreckungsverfahren eingefordert werden können.
Dieses Verfahren läuft in der Regel folgendermaßen ab: Der säumige Schuldner wird zunächst mit einer Wochenfrist zur Zahlung gemahnt. Ist diese erfolglos verstrichen, wird der Steuerschuldner zur Zahlung der fälligen Geldforderung aufgefordert, mit der Maßgabe, dass nach frühestens einer Woche mit der Vollstreckung begonnen werden kann. Eine sofortige Vollstreckung ohne vorherige Aufforderung ist dann möglich, wenn der Schuldner eine aufgrund einer Steueranmeldung geschuldete Steuer nicht gezahlt hat. Werden Säumniszuschläge oder Zinsen zusammen mit der Steuer fällig, so bedarf es keiner gesonderten Aufforderung.
Tipp: Der Steuerschuldner sollte nicht abwarten, bis der Vollstreckungsbeamte zu ihm kommt. Viel besser ist es, schon im Vorfeld zum Finanzamt zu gehen und vor Ort die Angelegenheit versuchen zu klären. In vielen Fällen kann damit ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren vermieden werden.
Welche Möglichkeiten gibt es, die Vollstreckung zu verhindern?
Stundung
Mit einer Stundung wird die Fälligkeit einer Zahlungsfrist hinausgeschoben. Voraussetzung für die Gewährung einer Stundung ist, dass die Zahlung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Steuerschuldner darstellt und der Anspruch des Staates durch die Stundung nicht gefährdet ist. Anerkannte Fälle "erheblicher Härte" können persönlicher (zum Beispiel vorübergehende unverschuldete Zahlungsschwierigkeiten) oder anderer sachlicher Art (zum Beispiel bei der zu erwartenden Verrechnungsmöglichkeit mit einer anderen zu erstattenden Steuer) sein.
Hingegen stellen vermeidbare Zahlungsschwierigkeiten, das heißt die mangelnde Leistungsfähigkeit ist durch selbst zu vertretende Gründe herbeigeführt worden, keine erhebliche Härte dar. Nach Ansicht des Finanzamts ist es dem Steuerschuldner zumutbar, sich um einen Bankkredit zur Zahlung seiner Steuerschulden zu bemühen.
Die Stundung wird in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistungen (zum Beispiel Hypothek) gewährt. Dabei werden Stundungszinsen erhoben. Auf die Zinsen kann die Finanzbehörde ganz oder teilweise verzichten, wenn ihre Erhebung nach der Lage des Einzelfalls ungerechtfertigt wäre.
Die Entscheidung, ob eine Stundung gewährt wird, steht im Ermessen der Finanzbehörden und unterliegt immer einer Einzelfallprüfung. Für den Fall, dass der Stundungsantrag abgelehnt wird, kann der Steuerschuldner Einspruch gegen diese Entscheidung einlegen.
Tipp: Der Antrag auf Stundung kann und sollte vor Ablauf der Zahlungsfristen gestellt werden. Andernfalls muss der Schuldner in Kauf nehmen, dass die Finanzbehörde erst ab Eingang des Antrags stundet und nicht mehr rückwirkend. Da der Steuerschuldner die Beweislast für die Voraussetzungen der Stundung trägt, sollte er bei Antragstellung eine ausreichende Begründung vortragen. Die Begründung kann auch nachgeholt werden. Hierbei ist der Finanzbehörde ein zeitnahes Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschaffen. Soweit das Finanzamt den Antrag für nicht ausreichend begründet hält, ist dieses gehalten, auf den Schuldner einzuwirken, um den Sachverhalt erschöpfend aufzuklären.
Erlass gegen die Vollstreckung
Einen noch wirksameren Schutz gegen die Vollstreckung bietet die Möglichkeit des Erlasses, welcher aber nur in Ausnahmefällen gewährt wird. Mit einem Erlass verzichtet die Finanzbehörde auf die Zahlung der Steuerschuld. Wurde bereits ein Betrag gezahlt, so ist dieser anzurechnen oder zu erstatten.
An die Erteilung eines Erlasses sind strenge Anforderungen geknüpft. Es müssen persönliche bzw. sachliche Billigkeitsgründe vorliegen:
- Persönliche Billigkeitsgründe setzen eine Erlassbedürftigkeit voraus, z. B. wenn die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet ist. Jedoch ist eine Kreditaufnahme oder eine Teilliquidation des Vermögens zumutbar. Des Weiteren wird verlangt, dass der Steuerpflichtige erlasswürdig ist. Dies setzt eine unverschuldet herbeigeführte wirtschaftliche Notlage und die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen voraus.
- Sachliche Billigkeitsgründe liegen zum Beispiel vor, wenn eine Steuererhebung aufgrund eines ungerechtfertigten Verhaltens der Behörde erfolgt.
Soweit der Steuerpflichtige meint, dass bei ihm die genannten Voraussetzungen vorliegen, sollte er einen Antrag auf einen Erlass stellen. Es liegt im Ermessen der Behörde, einem Erlassantrag stattzugeben; gegen diese Entscheidung kann Einspruch eingelegt werden.
Steuerschätzungen
Kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen, so kann sie diese schätzen. Häufig sind dies Fälle, in denen der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, zum Beispiel unvollständige Abgabe der Steuererklärung oder keine ausreichende Aufklärung über Steuerangaben machen kann oder auf Nachfrage des Finanzamtes zu einzelnen Sachverhalten keine Auskunft gibt.
Im Rahmen der Schätzung haben die Steuerbehörden alle Umstände zu berücksichtigen, um der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage möglichst nahe zu kommen. Die Finanzverwaltung kann als Anhaltspunkte für eine Schätzung entweder den "inneren Betriebsvergleich" heranziehen, der sich auf Vorjahresergebnisse, Umsätze und ähnliches stützt, oder sie legt Richtsätze aufgrund von Branchenerfahrungswerten zugrunde ("äußerer Betriebsvergleich").
Es ist zulässig und in der Praxis üblich, dass die Behörde sogenannte Unsicherheitszuschläge zu Lasten des Steuerpflichtigen vornimmt. Diese müssen jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht verbuchten Umsätzen stehen. Nicht zulässig ist es dagegen, Strafschätzungen durchzuführen, um den Steuerschuldner zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
Tipp: Es ist jedem Steuerpflichtigen anzuraten, seine Mitwirkungspflichten ausreichend zu erfüllen, da eine Schätzung im Regelfall zu Lasten des Steuerpflichtigen geht und trotz der Schätzung die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung und zur Steuerzahlung bleibt.
Manuel Klement
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