Neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Im Juni 2023 ist die Verordnung (EU) 2023/988 über Produktsicherheit in Kraft getreten. Ihre neuen Regelungen gelten ab dem 13. Dezember 2024 in allen EU-Mitgliedstaaten. Die Verordnung trägt unter anderem der fortlaufenden Digitalisierung und den globalisierten Lieferketten Rechnung. Egal ob im Handel, im unternehmenseigenen Online-Shop oder auf Online-Marktplätzen: die oberste Prämisse ist der Schutz von Verbrauchern vor gefährlichen Produkten.
Verankert ist die Verordnung im „Allgemeinen Sicherheitsgebot“, wonach die Wirtschaftsakteure nur sichere Produkte in Verkehr bringen oder auf dem Markt bereitstellen dürfen. Mancher Händler wird an dieser Stelle sagen:
Sicherheit von Produkten, was habe ich damit zu tun? Die Antwort darauf gibt zunächst die EU-Gesetzgebung: Schon seit 2008 ist durch das New Legislative Framework die Überwachung von Märkten und der Sicherheit von Produkten in einem abgestuften System organisiert, das für die verschiedenen Wirtschaftsakteure jeweils bestimmte Pflichten mit sich bringt. Die meisten Pflichten haben in diesem Zusammenhang die Hersteller, die vollumfänglich für die Sicherheit der Verbraucherprodukte sorgen müssen. Importeure von Produkten aus Drittländern (außerhalb der EU) müssen wiederum ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre Postanschrift innerhalb der Union sowie ihre elektronische Adresse angeben, unter der sie kontaktiert werden können. Händler haben ebenfalls Pflichten und müssen zum Beispiel prüfen, ob eine Bedienungsanleitung in Landessprache vorhanden ist. Darüber hinaus sind in der neuen Verordnung zukünftig auch Marktplatzanbieter und Fulfilment-Dienstleister als Wirtschaftsakteure definiert und bekommen ebenfalls eine Reihe von Pflichten auferlegt. In der Verordnung werden somit die wesentlichen Vorschriften für die Sicherheit von Verbraucherprodukten festgelegt, die in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden. Einige Fakten im Kurzüberblick:
Anwendungsbereich
Die Verordnung gilt für in Verkehr gebrachte oder auf dem Markt bereitgestellte Verbraucherprodukte insoweit, wenn es im Rahmen des Unionsrechts „keine weiteren spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte, wie zum Beispiel CE-Richtlinien oder andere Bestimmungen gibt, mit denen dasselbe Ziel verfolgt wird.“ Ausgeschlossen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung sind hingegen beispielsweise folgende Produktbereiche: Human- und Tierarzneimittel, Lebens- und Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte, Pflanzenschutzmittel, Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge sowie Antiquitäten.
Kriterien
In Artikel 6 wurden neue Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten verankert. Dabei wurden unter anderem folgende Kriterien definiert:·
- Eigenschaften des Produkts
- Wechselwirkung mit anderen Produkten
- Aufmachung des Produkts
- Erscheinungsbild des Produkts, das den Verbraucher dazu verleitet, das Produkt anders zu verwenden als vom Hersteller vorgesehen (zum Beispiel Form und Farbe des Produkt verleitet Kinder zum Verzehr)
- Cybersicherheitsmerkmale
Neben bereits schon in der vorangegangenen Richtlinie enthaltenen Pflichten müssen die Hersteller nun für jedes Produkt eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen. Diese technischen Unterlagen müssen für mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produktes aufbewahrt und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
Neu: Jeder ist Hersteller, wenn ...
In Anlehnung an den in 2022 veröffentlichten Blue Guide der EU wurde nun auch der Punkt der „wesentlichen Veränderung“ aufgenommen. Dabei wird jede Person zum Hersteller des Produktes, wenn dieser das Produkt physisch oder digital so verändert, dass sich diese Änderung auf die Sicherheit des Produktes auswirkt und beispielsweise durch diese Änderung das Produkt in einer Weise geändert wird, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war. Darüber hinaus wird jede natürliche oder juristische Person zum Hersteller, wenn ein Produkt unter eigenem Namen oder unter der eigenen Handelsmarke vermarktet wird.
Prinzip Rückverfolgbarkeit
Grundsätzlich gilt: Ein für das Produkt verantwortlicher Wirtschaftsakteur mit Sitz in der EU ist zwingend vorgeschrieben. Darüber hinaus unterhält die Kommission zur besseren Rückverfolgbarkeit ein Schnellwarnsystem für den Austausch von Informationen über Korrekturmaßnahmen in Bezug auf gefährliche Produkte („Safety Gate“, vormals als „RAPEX“ bekannt). Dieses System umfasst die Erfassung und Speicherung von Daten, auch auf elektronischem Weg, anhand dessen das Produkt, seine Komponenten oder die an der Lieferkette beteiligten Wirtschaftakteure identifiziert. Über dieses Schnellwarnsystem „Safety Gate“ werden gefährliche Produkte, die ein ernstes Risiko für Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen, und die durchgeführten Korrekturmaßnahmen gemeldet.
Besondere Pflichten
Der Hersteller ist verpflichtet, Unfälle die durch sein Produkt entstanden sind, unverzüglich den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaats, in dem sich der Unfall ereignet hat, über das Safety-Business-Gateway zu melden.
Im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs oder wenn Verbrauchern Informationen zur Kenntnis gebracht werden müssen, um die sichere Verwendung eines Produkts zu gewährleisten, muss sichergestellt werden, dass alle betroffenen Verbraucher ermittelt werden können und unverzüglich benachrichtigt werden.
Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen, die personenbezogene Daten ihrer Kunden erheben, nutzen diese Informationen für Rückrufe und Sicherheitswarnungen. Rückrufanzeigen erfolgen hier einer definierten Form. Im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs muss dem Verbraucher eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe zukommen. Es sind mindestens zwei Abhilfemaßnahmen anzubieten. Infrage kommen hierbei Reparatur, Ersatzlieferung oder Erstattung des bezahlten Preises.
Hier kommen Sie zur EU-Verordnung und zum Merkblatt bayern innovation.
Daniel Rother
KontaktTelefon: 0851 507-346
E-Mail schreiben