12.02.2025
Tourismuswirtschaft richtet Blick nach vorn
IHK-Ausschuss sammelt Strategien gegen schwierige Lage der Branche
Die IHK-Konjunkturumfrage hat vor Kurzem ergeben: Niederbayerns Wirtschaft verharrt in einer Schwächephase, in der Tourismusbranche weist die Entwicklung aber besonders deutlich nach unten. Hohe Arbeitskosten oder bürokratische Vorgaben belasten die Betriebe, viele melden Umsatzrückgänge. Nach Wegen aus dieser kritischen Lage hat der Fachausschuss Tourismus der IHK Niederbayern bei seiner vergangenen Sitzung in Deggendorf gesucht. Die Unternehmen richteten den Blick nach vorn, schließlich verändern sich Freizeit- und Urlaubsverhalten ebenso rasant wie die Wirtschaft selbst. „Es kommen gewaltige Veränderungen auf uns zu“, war sich auch der Ausschussvorsitzende Kai Tiemer sicher (Hotel Schweizer Hof, Bad Füssing). Um hier mehr Klarheit zu bekommen, hatte sich der Ausschuss als Experten Dr. Michael Braun in die Sitzung geladen, den Vorstand des Tourismusverbands Ostbayern (TVO). Er skizzierte zwei zentrale Trends im Tourismus: Auf der einen Seite behauptet sich erfolgreich die Spitzenhotellerie für besonders zahlungskräftige Kunden. Auf der anderen Seite müssen sich vor allem die kleinen und mittleren Betriebe auf ein gestiegenes Kostenbewusstsein bei ihren Kunden und Gästen einstellen – hier macht sich das schwache Konsumklima bemerkbar. Die konsequente Digitalisierung im Tourismus ist Braun zufolge ein wichtiger Ansatz, um dem zu begegnen und Kosten einzusparen, ohne die Qualität zu senken.
Nachhaltigkeit als Chance begreifen
Ein anderer Aspekt, den man stärker betonen könnte: die Nachhaltigkeit. Was auf den ersten Blick wie eine weitere, neue Herausforderung wirkt, hätten viele Betriebe bereits weitgehend umgesetzt, versicherte Braun und nannte als Beispiele die Themen Regionalität, Mobilität oder Energieversorgung. „Nachhaltigkeit ist eine Art Qualitätsmerkmal. Das erwartet sich der Gast, und das muss man ihm auch nahebringen“, sagte er. Notwendig sei zudem eine weiter verbesserte, gemeinsame Vermarktung der Urlaubsdestinationen. Niederbayern habe hier viele Pluspunkte. Von einem „Overtourism“ könne keine Rede sein, bekräftigte Braun: „Zu einer Destination gehören auch der Bürger und der Einheimische. Es geht um einen verträglichen Umfang des Tourismus. Wir haben hier die richtige Dosis.“
Personal- und Fachkräftemangel ist weiterhin eines der größten Probleme der Branche
Der vierte und vielleicht wichtigste Punkt war aber auch beim TVO-Experten: die eigenen Mitarbeiter. Der Personal- und Fachkräftemangel ist weiterhin eines der größten Probleme der Branche, das hatte die IHK-Umfrage zuletzt bestätigt. Gerade erfolgreiche Unternehmen bieten ihrem Personal daher sehr gute Perspektiven und attraktive Bedingungen, wie Praxisbeispiele aus der Diskussion im Ausschuss zeigten. Die Spannbreite reichte hier von „gesunder Führung“ über hochwertige Mitarbeiterwohnungen bis hin zur „Produktakademie Tourismus“ – einer neuen Initiative der IHK in Zusammenarbeit mit namhaften Hotelbetrieben in der Region, um ein gezieltes Personalentwicklungskonzept für Aus- und Fortbildung im Tourismus anbieten zu können. Daneben ist die Tourismusbranche außerdem auf gezielte Zuwanderung aus dem Ausland angewiesen, um Auszubildende und Fachkräfte zu gewinnen. Ein gerade entstehendes Netzwerk der IHK soll hier den Zugang erleichtern, bürokratische Hürden abbauen und die beteiligten Akteure besser miteinander vernetzen – von den Ausländerbehörden über die Arbeitsagenturen bis zu den Botschaften im Ausland. Diesen Ansatz stellte in Deggendorf IHK-Fachkräfteberaterin Lisa Abiatar vor. Sie brachte auch die Zusammenarbeit mit den Auslandshandelskammern ins Spiel und konnte auf erste, erfolgreiche IHK-Projekte zur Anwerbung von Interessenten für die Arbeit im Tourismus verweisen, die Länder wie Ghana, Brasilien, Vietnam oder Indien im Fokus haben. Dass dieser Weg einer von vielen Bausteinen zur Fachkräftesicherung im Tourismus sein muss, darin waren sich alle Betriebe im Ausschuss einig.